Dieser Artikel ist eine Orientierungshilfe für Anfänger zum Thema Suchmaschinenoptimierung und Lokalisierung. Die beständige Frage, wie man am besten Binnenmärkte gezielt mittels Internet anspricht, ist keine Frage, die in naher Zukunft geklärt sein dürfte. Für diejenigen, die Neulinge auf dem Gebiet des Online-Marketing sind, ist die schlechte Nachricht die, dass es keine „Einheitslösung“ gibt, die jeden Industriezweig und sämtliche Verbraucherdemographien abdeckt. Jeder Aspekt einer Kampagne, von Werbebannern bis hin zu E-Mail-Marketing, muss sorgfältig im Hinblick auf die Zielgruppe geplant werden. Was auf dich als Absatzexperten raffiniert und einnehmend wirkt, hat möglicherweise nicht den gleich guten Effekt bei deinen Internetkunden. Und selbst dann, wenn es dir gelungen sein sollte, deine Fähigkeiten im Internet-Marketing für eine bestimmte Zielgruppe zu einer wahren Kunst zu verfeinern, ändern sich Trends pausenlos.

Auf dem internationalen Markt siehst du dich noch weit größeren Hindernissen gegenüber. Es gibt weltweit mehr als 6.000 Sprachen. 96% dieser Sprachen werden von gerade einmal 4% der gesamten Weltbevölkerung gesprochen. Allein in Europa gibt es 200 indigene Sprachen, von denen 23 zu den offiziellen Sprachen der Europäischen Union (EU) gehören. Innerhalb aller EU-Länder ist Deutsch die am häufigsten gesprochene Muttersprache; es wird von 18% als Muttersprache gesprochen. Wenn man aber auch die Sprachen berücksichtigt, die als erste Fremdsprache erlernt wurden, dann führt Englisch, das von mehr als 50% aller EU-Bürger gesprochen wird.

Dies sollte dich aber nicht dazu verleiten, deine Produkte und Dienstleistungen einem internationalen Publikum ausschließlich in englischer Sprache zu präsentieren. Es ist eine gründlich belegte Tatsache, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Internet-Nutzer etwas auf einer Website kaufen, viermal höher ist, wenn sie diese Website in ihrer eigenen Muttersprache lesen können. Selbst diejenigen, die fließend Englisch sprechen, werden aller Wahrscheinlichkeit nach in erster Linie auf Seiten in ihrer Muttersprache suchen.

Bedenke auch folgende Tatsachen: Die Bevölkerung Asiens macht mehr als 40% aller weltweiten Internet-Nutzer aus, während in China 30% mehr Internet-Nutzer leben als in den USA. Und nicht zuletzt spricht 75% der Weltbevölkerung überhaupt kein Englisch. Das sind eine Menge Menschen. Die Notwendigkeit, ein internationales Publikum in der jeweiligen Muttersprache anzusprechen, ist damit zwingend erforderlich. Und dies beginnt bei einer vollständig lokalisierten und optimierten Website im Zielland.

Zunächst mußt du dir allerdings den Domain-Namen überlegen. Die Wahl des Namens ist dir dabei völlig freigestellt, obwohl du dir etwas einfallen lassen solltest, das für das Land geeignet ist und das du gezielt ansprechen willst. Dein Firmenname kann durchaus auch im Ausland eine gelungene Wahl sein, aber am besten wendest du dich an ein Unternehmen, das sich auf Übersetzung und Lokalisierung spezialisiert und vorab überprüfen kann, ob dein Name in deinem Zielmarkt möglicherweise negativ besetzt ist.

Außerdem brauchst du eine länderspezifischen Top-Level-Domain (TLD), wie zum Beispiel „.de“ in Deutschland, „.ch“ in der Schweiz oder „.at“ in Österreich. Gleichermaßen bedeutsam ist die Wahl deines Webhosts, da der von dir verwendete Server im optimalen Fall lokal in deinem Zielland (z.B. China) befinden sollte – Google berücksichtigt die IP-Adresse des Servers in seinen Ranking-Algorithmen. Vergewissere dich also, wo sich der Server befindet, bevor du dich für einen Service entscheiden.

Wer geschäftlich weltweit agieren will, muss in der Lage sein, in jedem Land „wie ein Einheimischer zu denken“. Das heißt, du mußt dir der Vielzahl von kulturellen und linguistischen Vielschichtigkeiten bewusst sein, denen du begegnen wirst, wenn du in einen ausländischen Markt eindringen wollen.

Nehmen wir zum Beispiel die französische Sprache in Frankreich und in Kanada (Québecer Französisch). Sie ist weitgehend identisch, aber dennoch gibt es hinreichende dialektische Unterschiede zwischen diesen Arten des Französischen, so dass für ein gezieltes Ansprechen jedes Marktes unterschiedliche Marketing-Strategien notwendig sind.

Um dies an einem Beispiel zu verdeutlichen: „Wochenende“ heißt in Frankreich schlicht „le weekend“, in Kanada jedoch „fin de semaine“ (wörtlich: das „Ende der Woche“). Und während man eine E-Mail in Kanada „courriel“ nennt, eine Zusammenziehung von „courrier électronique“, heißt sie in Frankreich einfach „email“. Nehmen wir an, deine vollständig lokalisierte Website ist fertig und kann auf deine länderspezifische Domain hochgeladen werden. Welche weiteren Fragen würdest du aus Sicht der Suchmaschinenoptimierung vor Inbetriebnahme der Website stellen?

Nun, eine der Hauptfragen ist die nach Keywords. Wenn du deine Website für einen Zielmarkt übersetzen lässt, kann es verführerisch sein, die Keywords wörtlich zu übersetzen. Dies ist jedoch zu vermeiden!

Eine richtige, dem Wörterbuch entnommene Übersetzung eines Keywords oder Ausdrucks ist unter Umständen NICHT das, was Internetbenutzer eingeben, wenn sie ein gewünschtes Produkt oder einen gewünschten Service vor Ort suchen. Sie verwenden vielleicht Abkürzungen, umgangssprachliche Ausdrücke oder auch ein ganz anderes Wort, das die gleiche Wortbedeutung hat. In der Weise, in der du die Keywords deiner Branche mit den höchsten Rankings auf dem englischsprachigen Markt identifizieren, wie zum Beispiel mit dem kostenlosen Keyword-Tool von Google UK, mußt du auch die Keywords jedes anderen Ziellandes ermitteln, um dafür zu sorgen dass deine anderssprachige Website richtig optimiert ist.

Der englische Begriff „car insurance“ ist beispielsweise bei Google.com ein Branchensuchbegriff mit hohem Ranking. Eine korrekte französische Übersetzung dafür wäre „l’assurance automobile“. Wenn man dies jedoch mithilfe des Keyword-Tools von Google France überprüft, wird deutlich, dass die meisten Konsumenten stattdessen nach „assurance auto“ oder „assurance voiture“ suchen. Es lohnt sich also, die Keywords für jedes einzelne Land zu ermitteln, statt sie zu übersetzen.

Organische SEO-Methoden können in Verbindung mit Pay-per-Click (PPC)-Kampagnen angewendet weden, wie zum Beispiel Google AdWords, das kurz gesagt Top-Billing über einen Abschnitt „Gesponserter Link“ in Suchmaschinen und auf Websites erhält. PPC ermöglicht Unternehmen, Methoden des Online-Marketings zu einem sehr günstigen Preis auszuprobieren. Du kannst dein monatliches Budget auf einen Nominalbetrag festlegen, zum Beispiel €5, um die Effizienz zu prüfen, ohne dabei Ihr gesamtes Marketing-Budget zu verpulvern.

Englisch mag nach wie vor im Internet die beherrschende Sprache im Hinblick auf die Inhalte sein, aber die Muttersprache der Mehrheit aller Internetbenutzer weltweit ist nicht Englisch. Und genau dieses Missverhältnis schafft eine ziemlich lukrative Gelegenheit für diejenigen, die in neue Märkte eindringen wollen: der Konkurrenzkampf um wichtige Suchbegriffe ist im nicht englischsprachigen Internet weit schwächer und dadurch lassen sich hohe Suchmaschinen-Rankings wesentlich leichter erzielen als im Englischen.

Es liegt auf der Hand, dass SEO und Lokalisierung im Globalisierungsprozess eine wichtige Rolle spielen, und jedes Unternehmen, das es versäumt, sich international zu vermarkten, verschenkt eine sehr einfache Gelegenheit.

Gastautor: Christian Arno, Managing Director von Lingo24

Lingo24 ist ein international tätiges Übersetzungsbüro, das sich unter anderem auf Website-Lokalisierung spezialisiert. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 100 Mitarbeiter in Europa, Nordamerika, Asien, Australien und im Südpazifik und unterhält zudem ein Netzwerk von 4.000 Übersetzern. Der geschätzte Umsatz von Lingo24 für 2009 beträgt €4 Millionen.