Heute möchte ich mal auf ein Thema eingehen, welches vielen Online-Marketern regelmäßig begegnet: Der Verkauf (oder Kauf) eines Projektes steht ins Haus. In den meisten Fällen ist es so, dass man über viele Jahre hinweg mühsam und mit viel Schweiß und Spucke ein Internetprojekt aufgebaut hat. Doch irgendwann kommt schließlich der Tag, an dem sich aus verschiedensten Gründen die Wege trennen sollen. Sofern es sich um ein halbwegs interessantes Thema wie z.B. Finanzen, Reisen, etc. handelt sind auch schnell einige Interessenten und Käufer gefunden. Interessenten zu finden ist dabei in der Regel auch das kleinere Problem. Viele schwieriger ist dann in der Regel die Frage zu beantworten: Welchen Preis kann bzw. soll ich für mein Projekt verlangen?

Vor der Preisverhandlung

Zunächst sein an dieser Stelle eine goldene Regel genannt: Wer den ersten Preis sagt, hat im psychologischen Spiel des Verkaufs direkt verloren. Hierfür gibt es genau zwei Gründe: a) Der Preis wurde vom Verkäufer zu niedrig angesetzt und die potenziellen Käufer freuen sich über ein echtes Schnäppchen oder b) der Preis wurde zu hoch angesetzt und die potenziellen Käufer sind abgeschreckt und brechen z.B. bei Sedo direkt die Verhandlungen ab. Aus diesem Grund sollte man, sofern man plant ein Webprojekt online zu verkaufen und öffentlich anzubieten, möglichst auf eine konkrete Preisnennung im Stil von „Ich möchte mein Webprojekt XY verkaufen und stelle mir hier einen Preis von 10.000 Euro vor.“ im Vornherein verzichten. Deutlich geschickter ist es den Preis als offen anzugeben und stattdessen die potenziellen Käufer den ersten Schritt beim Preis machen zu lassen. Dies aber nur am Rande…

Was macht den Preis/Wert eines Projektes aus?

Einnahmen

Natürlich sind die Einnahmen welches ein Projekt erzielt ein wichtiges Element bei der Preisbildung eines Webprojektes. Oft werden dabei die durchschnittlichen Einnahmen der letzten ein oder zwei Jahre als Hauptkriterium für die Wertermittlung genommen. Aber Achtung: Die Einnahme ist nur ein Element bei der Wertermittlung! Nehmen wir als Beispiel doch mal die ohne Zweifel erstklassige Domain kredit.de und stellen uns vor, dass diese bei Sedo geparkt wird. Die Einnahmen über die Parking-Seite betragen fiktive 100 Euro/Monat – mangels SEO-Maßnahmen ausschließlich erzeugt durch direkte Typeins. Ansonsten tut sich nichts bei der Domain. Keine Sichtbarkeit, keine Rankings, keine Backlinks, etc. Beträgt der Wert der Domain nun 1200 Euro (100 Euro * 12 Monate)? Nein. Selbst in diesem „traurigen Zustand“ (geparkt) würde die Domain locker für das 500-fache über den virtuellen Ladentisch gehen. Einnahmen sind also nicht allein ausschlaggebend für den Preis. Dies bringt uns zum nächsten Punkt…

Domain & TLD

Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Domain. Auch sie kann einen großen Teil des Wertes ausmachen – regelmäßig sogar über denen der tatsächlichen Einnahmen! Die Frage lautet hier: Handelt es sich dabei um eine interessante Keyworddomain? Aber damit nicht genug: Handelt es sich dabei um eine erstklassige Single-Keyworddomain wie z.B. kredit.de oder eher um eine Longtail-Keyworddomain wie z.B. kredit-günstig-aufnehmen.org? Auf den ersten Blick würde man natürlich die Domain kredit.de bevorzugen. Bei der zweiten Domain ist nun aber nicht automatisch gesagt, dass diese schlecht ist. Das sie deutlich weniger Wert ist als kredit.de steht außer Frage, aber aufgrund eines hohen Suchvolumens nach exakt „kredit günstig aufnehmen“ könnte der Wert schon wieder deutlich höher liegen als bei einer anderen thematisch verwandten Longtail-Keyworddomain mit deutlich geringerem Suchvolumen. Bei den eben genannten Domains wird auch deutlich, dass sich der Wert eines Projektes nicht nur auf das Keyword selbst beschränkt, sondern auch die Top-Level-Domain (TLD) mit einbezieht. Ist eine .de nun per se mehr Wert als eine .com oder .org? Noch spannender: Ist ein Projekt mit einer exotische TLD automatisch weniger Wert als ein Projekt welches unter einer .de oder .com betrieben wird. Auf den ersten Blick schon. Aber was wenn das Projekt mit der exotischen TLD auf Seite 1 rankt und die .de nicht mal unter den Top 100 Ergebnisse zu finden ist? Hier gilt es genau abzuwägen.

Domainalter

Ja, alte Domains sind sehr beliegt – nicht nur bei Suchmaschinenoptimierern, sondern auch bei Suchmaschinen. Dies bedeutet aber nicht, dass jede alte Domain auch direkt eine Perle darstellt. An dieser Stelle möchte ich aber nicht auf die Metriken einer guten Expireddomain eingehen, sondern nur darauf hinweisen, dass auch beim Projektverkauf bzw. Projektkauf genauer hingeschaut werden sollte, ob und welche History ein ausgewähltes Projekt aufweist. Interessante Fragestellungen sind hier: Existiert das Projekt schon lange? Gab es zwischendurch Themenwechsel? Weist das Projekt häufige Owner-Changes auf?

Besucherzahlen

Auch die Besucherzahlen einer Website sind ein wichtiger Faktor, um für sich den Wert eines Projektes zu bestimmen. Es gibt durchaus viele Projekt die viele Besucher aufweisen, aber deren Einnahmen sehr gering sind. Häufige Gründe hierfür sind in der Regel die Nutzung falscher Werbemittel, eine schlechte Usability auf der Website, ein unpassendes/veraltetes Design, etc. denn nicht jeder Online-Marketer oder SEO ist auch gleichzeitig Usability-Experte oder Designer. Dennoch: Die eben genannten Punkte sind alles Punkte, die behoben werden können. Wichtiger ist an dieser Stelle, dass die Website aufgrund von offensichtlich guter SEO-Maßnahmen interessante Werte hinsichtlich Besucherzahlen aufweisen kann. Auch wenn die Seite derzeit eher maue Einnahmen verzeichnen kann, können hohe Besucherzahlen diese teilweise kompensieren, sofern Aussichten auf eine verbesserte Monetarisierung gegeben sind.

Backlinks

Ein weiteres wichtiges Kriterium für die Preisbildung ist meiner Meinung nach auch die Anzahl der Backlinks, die auf ein Projekt verweisen. Wer sich mit der Materie bereits auseinandergesetzt hat und die aktuellen Preise für Kauflinks (Pfui!) kennt, weiß was hochwertige Backlinks unter Umständen kosten können. Bei der Preisbildung sollte deshalb auch der Aspekt der Backlinks berücksichtigt werden, wobei hier auch die Qualität unbedingt berücksichtigt werden muss. Ein Projekt mit mit mehreren Backlinks von Hochschulen ist in der Regel mehr Wert als ein Projekt, welches ausschließlich Backlinks aus dutzenden Webkatalogen hat.

Sichtbarkeitsindex & Penalty

Die Qualität des Inhalts einer Website und nicht zuletzt auch die Anzahl der Backlinks tragen dazu bei, dass die Sichtbarkeit einer Website in den Suchmaschinen erhöht wird. Zu je mehr interessanten und relevanten Keywords ein Projekt in den Suchergebnissen gefunden wird, desto höher ist auch der Sichtbarkeitsindex. Egal ob man hier nun Seolytics, Sistrix, Xovi, Wise, Seodiver, Searchmetics oder ein anderes Tool mit Sichtbarkeitsindex nutzt… das Prinzip ist identisch. Beim Verkauf (oder Kauf) eines Projektes sollte entsprechend auch der Sichtbarkeitsindex ein wichtiges Entscheidungskriterium für die Preisgestaltung darstellen. Auf diese Weise kann auch feststellt werden, ob ein Projekt möglicherweise durch Google abgestraft (Penalty) wurde. Zwar bedeutet eine Abstrafung nicht, dass das Projekt für alle Ewigkeit diesen Status behält. Manchmal hilft schon ein manueller Reinclusion-Antrag oder ein Owner-Change um die Penalty durch Google wieder rückgängig zu machen. Dennoch sollte man sich genau anschauen, ob ein Projekt womöglich schon seit einigen Monaten eine Sichtbarkeit von z.B. 0 aufgrund einer Abstrafung aufweist. Die Faktoren dieses Punktes sind deshalb so wichtig, weil sie einen unmittelbaren Einfluss auf die bereits genannten Punkte Einnahmen und Besucherzahlen haben.

Weitere Faktoren

Neben den oben genannten Faktoren gibt es noch zahlreiche weitere wie etwa die Anzahl der indexierten Seiten, Anzahl der Seitenaufrufe, die Absprungrate, die Verweilzeit, die Menge an Content oder einfach der Preis für das Design. Diese Punkte sollten man zwar auch berücksichtigen und in den Preis einrechnen, allerdings sind die oben genannten Punkte meiner Meinung nach die wesentlichen Hauptfaktoren.

Fazit

Die Bewertung für jedes Projekt fällt natürlich individuell aus. Die obigen Punkte sollen nur darauf aufmerksam machen, dass nicht nur die Einnahmen allein der Preisbildung dienen. Es gibt schließlich viele Unternehmen wie z.B. Groupon die rote Zahlen schreiben und trotzdem mit mehreren Milliarden bewertet werden. Letztlich hängt der Verkaufspreis immer von Angebot und Nachfrage ab bzw. was ein potenzieller Käufer bereit ist dafür zu bezahlen. So und nun bin ich mal auf eure Meinungen gespannt! 😉