Spanien erhebt Steuern auf Webinhalte und Hyperlinks
Dass die Rechtsprechung im Bereich Internet und E-Commerce manchmal sehr merkwürdige Blüten treibt (wir erinnern uns an die aktuelle Debatte rund um das Thema XING-Impressum), ist ja eigentlich nichts Ausgewöhnliches mehr. Aber besonders im Bereich des Urheberrechts lässt man der „Kreativität“ gerne mal freien Lauf. Auch jetzt wieder, wie man sehen kann. So hat der spanische Kongress am vergangenen Freitag eine Novelle des Urheberrechts verabschiedet, welche nicht nur eine Abgabe für beliebig geringfügige Textzitate, sondern insbesondere auch für Weblinks vorsieht.
Die Idee
Die Grundidee hinter der Novelle ist nachvollziehbar und verständlich: Anbieter von Fotos, Filmen, Musik, Texten, etc. sollen besser vor der illegalen Nutzung und Verbreitung ihrer Werke geschützt werden. Laut Angaben des spanischen Bildungsministers José Ignacio Wert werden rund 84 Prozent aller Entertainmentinhalte im Internet illegal angeboten und heruntergeladen. Ob diese Größenordnung wirklich stimmt, lasse ich jetzt einfach mal unkommentiert. Besonders im Bereich Musik sollen die Urheber nun künftig besser geschützt werden. Aber auch alle anderen Urheber von Webinhalten sollen durch das neue Gesetz besser geschützt werden. Besonders Verlage sind laut José Ignacio Wert von der neuen Novelle begeistert. Als Abschreckungsmaßnahme sollen Geldstrafen bis zu 300.000 Euro und Haftstrafen bis zu 6 Jahre dienen.
Die Lage
Nicht nur direkte Anbieter von illegalen Inhalten sollen damit bestraft werden, sondern auch die Wege zu den Quellen der Inhalte. In der Regel handelt es sich dabei um Hyperlinks. Setzt man nun auf seiner Website (z.B. in seinem Blog oder Onlineshop) einen Link zu urheberrechtlich geschütztem Content (z.B. auf einen Zeitungsartikel oder Streamingdienst), dann könnte dies je nach Gesetzesauslegung bereits problematisch sein. Denn nach dem neuen Recht können Urheber schon für das Setzen eines einfach Links eine Lizenz einfordern, da laut Gesetzbegründung auf urheberrechtlich geschützte Inhalte verlinkt wird und der Urheber oder Rechteverwalter entscheiden können muss, ob er dafür Geld verlangt oder eben nicht.
Informations- und Trafficvermittler wie beispielsweise Suchmaschinen und soziale Netzwerke sollen dem Gesetz zufolge per Lizenzabkommen zu pauschalen „Schadensersatzleistungen“ zur Kasse gebeten werden – dann allerdings nicht mehr nur für Textsnippets, sondern auch für entsprechende Links. Sogar Universitäten sollen eine Pauschalgebühr von fünf Euro je Student entrichten. Auch dann, wenn die verbreiteten Inhalte eigentlich unter der Creative-Common-Lizenz stehen!
Das Problem
Auch wenn es uns das Problem in Deutschland (noch) nicht trifft, so zeigt es doch, dass das man inzwischen nicht mehr nur mit dem zitieren von Texten aufpassen muss, sondern womöglich bald auch beim Setzen von externen Links und Quellenangaben aufpassen muss – eben weil diese womöglich urheberrechtlich geschützt sind. Auch das Einbinden von Video oder der einfache Verweis auf ein fremdes und geschütztes Werk auf YouTube auf der einen Website oder im Blog könnte dadurch womöglich schon rechtlich problematisch werden. Theoretisch könnte man das Gesetz in Spanien also soweit treiben, dass man für jeden externen Link vorab eine Genehmigung einholen müsste! Solltet ihr also in Spanien tätig sein, lasst ihr euch im Zweifel also am Besten von einem professionellen Rechtsbeistand beraten.
Im Sinne der ursprünglichen Idee hinter dem Internet ist dies ganz sicher nicht, immerhin ist die Verknüpfung von Dokumenten per Hyperlink einer der Grundpfeiler hinter dem World Wide Web. Es bleibt also zu hoffen, dass dieser „Irrsinn“ eine spanische Insellösung bleibt und keine Schule macht. Im Bereich Suchmaschinenoptimierung könnte dies ganz schnell dazu führen, dass dem „Linkgeiz“ dann sogar ein „Linkstreik“ wird – aus Angst vor Urheberrechtsverletzungen durch einen einfachen Verweis. Beneiden tue ich die SEO- und Blogger-Kollegen in Spanien momentan jedenfalls nicht.
Wie ist eure Meinung zu dem Thema? 😉