In vielen Webseiten, Youtube-Videos und Beiträgen wird Affiliate-Marketing als quasi müheloses Mittel dargestellt, um schnell an ein passives Einkommen zu gelangen. Zumeist werden Beispiele und eigene Erfolgsgeschichten genannt, die viel Eindruck machen. Über 2.000 € Umsatz in den ersten 5 Tagen? Hört sich natürlich sehr attraktiv an. Vor allem dann, wenn der Eindruck entsteht, es braucht keine Vorkenntnisse oder kein Spezialwissen. Doch beim zweiten Blick merkt man schnell: Diejenigen, die Affiliate Marketing als eine wundersame Einkommensquelle darstellen, verkaufen zumeist teure Kurse. Das da ein Interessenkonflikt herrscht, ist offensichtlich. Wie ist der Praxiseindruck von jemanden, der Affiliate hauptberuflich betreibt und hier keine teuren Kurse verkaufen will?

Affiliate Marketing – Grundlagen und Definitionen

Unter Affiliate Marketing versteht man das Vermitteln von physischen oder digitalen Produkten gegen eine Provision. Der Affiliate (zu deutsch: Partner) bewirbt für diverse Unternehmen jene Produkte und erhält hierfür eine Provision. Die Provision kann sowohl über Traffic-Weiterleitung, Anfragen als auch abgeschlossene Verkäufe ausgelöst werden. Zumeist bilden abgeschlossene Verkäufe die Basis für Provisionen. Als Affiliate gilt es also Interessenten von einem Produkt oder einer Dienstleistung zu überzeugen und Provisionen abzugreifen. Je nach Unternehmen, Portal oder Marktplatz schwanken die Provisionen teils sehr stark: Üblich sind Sätze zwischen 1-30 %. Bei physischen Waren mit geringen Margen liegt man eher im niedrigen Vergütungsbereich und bei digitalen Dienstleistungen oder digitalen Waren sind hohe zweistellige prozentuale Beträge hingegen durchaus normal. Typische Affiliates sind Influencer, Vergleichsportale und Blogs. Mischformen sind natürlich möglich: So ist die vorhin angesprochene Poolpanda-Seite sowohl ein Influencer-Projekt, als auch ein Blog, als auch ein Preisvergleichsportal.

Fünf Voraussetzungen, um durchstarten zu können

1. Nutzen, Nutzen, Nutzen!

Da es bereits in nahezu allen Kategorien Affiliate Projekte gibt, kann das eigene Vorhaben nur dann dauerhaft erfolgreich werden, wenn es besser ist, als Konkurrenzprojekte. Der wichtigste Bestandteil ist hier der Nutzen. Sofern man einen langfristigen Erfolg beabsichtigt, muss man der Zielgruppe, die man vermitteln will, etwas bieten, was sie dazu bringt, auf das eigene Angebot zurückzugreifen. Das können glaubwürdige Tests, Erfahrungsberichte, aber auch subjektive Eindrücke sein. Teilweise kann man sich auch mit der Präsentation abgrenzen, wenn nicht nur informiert, sondern auch unterhalten wird.

Praxistipp: Oftmals versorgen Hersteller und Händler potentielle Kunden nur unzureichend mit Informationen und/oder präsentieren diese viel zu trocken oder nur schwer verständlich. Das sind oftmals Lücken, in die man eindringen kann und einen echten Mehrwert bieten kann. Ebenfalls kann man bei Usability, Anschaulichkeit und leichter Verständlichkeit gegenüber der Konkurrenz in vielen Fällen punkten. Viele Marktteilnehmer vernachlässigen eine Nutzerzentrierung sträflichst und machen sich dadurch angreifbar. Das sollte ausgenutzt werden!

2. Glaubwürdigkeit ist ein Turbolader für dauerhaften Erfolg im Affiliate Marketing

Wenn ein Interessent durch einen erfolgreichen Affiliate-Deal eine Provisionszahlung auslöst, so ist dies natürlich ein Erfolg. Langfristig ist es aber besonders lukrativ, wenn diese Person immer wieder kehrt und für Provisionen sorgt. Je nach Produktgruppe sind wiederkehrende Nutzer möglich und dauerhaft auch sehr lukrativ. Idealerweise sorgt ein und die selbe Person mehrfach pro Jahr für Umsatz und das auch jedes Jahr. Empfehlt sie einen weiter, umso besser und lukrativer!

Solch Nutzer, die beständig wiederkehren und zu Multiplikatoren werden, sind allerdings nur dann zu gewinnen, wenn sie vom entsprechenden Affiliate Projekt überzeugt sind. Enttäuschungen müssen unbedingt ausbleiben und jene Informationen, die für den Nutzer relevant sind, müssen für diesen auch selbst erfahrbar bzw. reproduzierbar sein. Wird ein Produkt beispielsweise besser angepriesen, als es tatsächlich ist, so ist die kurzfristig zwar attraktiv, um den schnellen Euro zu machen, aber Stammnutzer werden so nicht aufgebaut. Es ist dauerhaft besser, dass einem die Leute vertrauen, indem man so korrekt und nutzerorientiert wie möglich arbeitet und auf unseriöse bzw. falsche Informationen verzichtet.

3. Die richtige Idee ist entscheidend

Ähnlich wie die Ideenfindung bei Blogs abläuft , so gilt auch beim Affiliate-Projekt: Im heute oftmals herausfordernden Konkurrenzumfeld muss man entweder besser als die Konkurrenz sein oder eine der wenigen noch unentdeckten Nischen finden, die noch offen sind. Hilfreich beim Finden von Nischen ist eine lange praktische Erfahrung mit dem jeweiligen Thema.

Beispiel: Viele bestehende Affiliate Marketing Projekte können durch Praxiswissen definitiv ausgespielt werden. Auffällig ist, dass es viele Vergleichsplattformen gibt, die von Tests oder Vergleichen sprechen, dabei aber nur Herstellerbilder und/oder Herstellerangaben verwenden. Diese Seiten bringen etwaigen Interessenten kaum einen Mehrwert. Oftmals fällen sie Ihre Urteile auf Basis der Herstellerangaben, obwohl manche Herstellerangaben in der Praxis überhaupt nicht zutreffen. Man kann sich also beispielsweise überlegen, bestehende Konkurrenz durch aufwändigere Tests oder Reviews überflüssig zu machen.

Zusammengefasst sind nicht nur die Kategorie, die Produkte, sondern auch die bestehende Konkurrenz bei der Ideenfindung zu berücksichtigen.

4. Affiliate Marketing profitiert von Videos

Eigene Videos helfen dabei, sich von der Konkurrenz in positiver Weise zu unterscheiden. Dabei müssen diese Videos selbstverständlich einen Mehrwert bieten. Das kann eine Kombination aus Informationen, Präsentation, und Unterhaltung sein. Zu beachten ist, dass nicht jedes Produkt unterhaltsam dargestellt werden kann. Dort wo es hinsichtlich des Produktes und der Zielgruppe geht, ist Infotainment aber der vielversprechendste Ansatz. Der Vorteil: Plattformen wie Facebook und Youtube spielen Videos mit langen Spielzeiten einem größeren Publikum aus, als Videos mit kurzen Spielzeiten. Neben dem eigentlichen Inhalt und der Professionalität des Materials ist Unterhaltung der wichtigste Faktor, um die durchschnittlichen Spielzeiten zu verlängern. Die vortragende Person sollte nicht aus dem Off sprechen, sondern unbedingt im Video größtenteils zu sehen sein.

Persönliche Videos performen erheblich besser als unpersönliche Videos. Die Aussprache muss deutlich und flüssig sein. Stockende Sprache, insbesondere „ähms“ sind dringendst zu reduzieren oder ganz zu vermeiden. Redundante oder auch irrelevante Inhalte und Aussagen sind komplett zu wegzuschneiden. Die Zuschauer wollen, dass man schnellstens auf den Punkt kommt und genau das bietet, wofür sie das Video angeklickt haben. Die Aufnahme des Tons muss mit einem vernünftigen Mikrofon erfolgen. Zuseher verzeihen ein suboptimales Bild – nicht aber einen schlechten Ton! Werden alle diese Grundlagen beachtet, so stehen die Chancen gut, dass die entsprechenden Videos das Affiliate Marketing Projekt maßgeblich unterstützen. Vor allem dann, wenn die Konkurrenz hier nicht am Ball ist.

5. SEO ist King!

Unabhängig davon, ob bereits eine große Nutzerschaft besteht, oder nicht: Mit SEO können je nach Produkt oder Thema tausende, hunderttausende oder gar Millionen Menschen erreicht werden. SEO ist allerdings in 2022 ein sehr arbeitsintensives Kapitel geworden. Die Zeiten von simplen Keywordspamming sind schon lange vorbei. Sämtliche Suchmaschinen setzen immer stärker auf Qualität und Glaubwürdigkeit. Gleich vorneweg: Inzwischen ist die Markenstärke oftmals ein entscheidenderer Part als die reine technische Suchmaschinenoptimierung.

Mit einer schwachen Marke hat man auch bei besten Onpage Optimierungen nur beschränkte Aussichten auf umfassenden Erfolg. Erfolgreiche SEO benötigt 2022 zumeist sowohl Onpage-als auch Offpage Optimierung und zusätzlich den Aufbau einer starken Marke. Natürlich variieren die Erfordernisse an die Markenstärke je nach Kategorie, Thema und auch Intention erheblich. Beispiel: Bei Themenfeldern wie Gesundheit und Finanzen wird es sehr schwer als No-Name zu starten, bei anderen Themen sind die Einstiegshürden hingegen oftmals deutlich niedriger. Beachte überdies: SEO ist eine mittel-und langfristige Sache und benötigt Geduld. Gute Projekte brauchen selbst im Bestfall zumeist 3 Monate und mehr, um brauchbare Rankingergebnisse bei Google und Co zu erzielen. Zumeist geschieht die Rankingentwicklung aber über Jahre. Werden alle SEO-Faktoren gleichsam berücksichtigt, so sind hierdurch auch 2022 beim Affiliate Marketing noch tolle Erfolgsstorys möglich.

Ist Affiliate Marketing in 2022 noch passives Einkommen?

Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden, da es unterschiedlichste Fälle gibt. Tendenziell befindet sich Affiliate Marketing im Wandel: Erfolgreiche Projekte, die nur wenig Mühe erfordert haben, werden oftmals durch neue und aufstrebende Konkurrenz, die mehr Zeit und Ressourcen einsetzt in Bedrängnis gebracht. Wer also nichts tun will, wird oftmals gnadenlos überholt und überflüssig gemacht. Google, als auch die Nutzer lieben aktuelle und möglichst professionell aufbereitete Inhalte, in die viel Mühe geflossen ist. Moderne Affiliate Projekte sind das Gegenteil von passiv: Ständig werden neue Inhalte veröffentlicht, ältere geupdated und verbessert und die Arbeit an der Markenstärke hört auch nicht auf. Würde man die Arbeit beenden oder drastisch runter fahren, so würde man etwaiger Konkurrenz die Gelegenheit geben, dass man sich überholen lässt, was einen Abstieg in Sachen Traffic und Nutzerbindung zu Folge hätte. Natürlich würden dann auch die Einnahmen sinken. Ein dauerhafter Erfolg wäre mit Passivität kaum möglich. Noch dazu, wo doch in vielen Branchen und Themenwelten neue Inhalte und Produkte ohnehin stets berücksichtigt werden müssen.

Kurz: Vor 10 Jahren konnte man mit billigen Textwüsten, Keywordspamming und schnell organisierten Herstellerfotos viel Traffic und Umsatz machen. Der Markenfaktor war bei Google noch nicht so stark wie heute. Wer heutzutage Traffic will, welcher die Basis für folgende Conversions ist, der sollte umdenken und bereit sein, Arbeit zu investieren. Die „low hanging fruits“ wurden in vielen Branchen und Nischen schon bereits gepflückt…

Bonus: Sieben Praxistipps, um das eigene Affiliate Marketing Projekt zu stärken

Tipp 1: Die meisten Affiliate Ratgeber reden oftmals nur von Amazon. Doch es gibt tausende von potenziellen Unternehmen und Plattformen, mit denen man gute Geschäfte machen kann.

Tipp 2: Insbesondere bei Awin, Digistore24 und Adcell finden sich tausende potentielle Firmen und Portale, die nach Affiliates suchen. Man sollte sich dort Zeit nehmen und in aller Ruhe nach derartigen Provisionsgebern schmökern. Einerseits hilft dies dabei Ideen zu generieren, andererseits ist eine einseitige Abhängigkeit von Amazon nicht anzuraten.

Tipp 3: Es ist möglich mehrere Provisionsgeber auf der selben Seite darzustellen. Dadurch bekommt man auch einen Preisvergleich dargestellt. Das ist für User ein weiterer Nutzen und erhöht die Conversion Rate.

Tipp 4: Das persönliche Erscheinen in Videos oder in Autorenboxen steigert die Glaubwürdigkeit und damit auch die Conversion Rate. Auf ein sympathisches, gepflegtes und zielgruppengerechtes Auftreten ist dringendst zu achten!

Tipp 5: Soziale Netzwerke lieben neben dem Konsum von Inhalten vor allem Interaktionen mit eben diesen: Likes, Dislikes, Kommentare, Shares sind sehr wichtig, um Reichweite zu generieren. Zuschauer, bzw. User sollten ermuntert (nicht aber penetrant genervt) werden, Likes zu vergeben, zu kommentieren und Inhalte zu sharen.

Tipp 6: Oftmals hindert einen die Angst vor niedriger anfänglicher Qualität am Loslegen. Doch hier sollte keine falsche Scheu herrschen: Die meisten erfolgreichen Projekte haben auf niedrigen oder mittleren Qualitätsniveau angefangen. Es ist völlig normal und absolut in Ordnung, dass die ersten Inhalte noch deutliche Schwächen haben.

Tipp 7: Sammelt viele positive Bewertungen – insbesondere beim Google Unternehmensprofil. Bewertungen schaffen Vertrauen und sind auch oftmals ein positiver Ranking Faktor. Weitere Tipps zum Thema gibt es in diesem Artikel.

Fazit

Hinter einem erfolgreichen und modernen Affiliate Projekt steckt oftmals sehr viel Arbeit. Je nach Projekt müssen auch erhebliche finanzielle Mittel vorgestreckt werden. Vor der Aufnahme eines solchen Projektes sollte der Aufwand also möglichst realistisch eingeschätzt werden. Eine intensive Konkurrenzanalyse ist hierbei sehr empfehlenswert, um zu sehen, welche Schritte und Aufwendungen mindestens getätigt werden müssen, um mithalten zu können. Ebenfalls sollte beachtet werden, dass die digitale Welt stets im Wandel ist und eine ständige interdisziplinäre Fortbildung bei Themen wie Usability, SEO, Marketing und Multimedia Pflicht ist.

Der Autor Benjamin Garherr dieses Beitrages betreibt die Affiliate Plattform Poolpanda.com und zeigt auf, was am Mythos Affiliate dran ist und was nicht.